Physiotherapie und Migräne – ein ganzheitlicher Ansatz zur Schmerzlinderung

Laut Schätzungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) leiden allein in Deutschland rund 10 bis 15 % der Bevölkerung an Migräne, also etwa 8 bis 12 Millionen Menschen.

Dabei sind statistisch gesehen Frauen (18 %) deutlich häufiger betroffen als Männer (6 %). Leider ist Migräne eine Erkrankung, die bis heute nicht heilbar ist. Lediglich die Intensität und die Häufigkeit der Anfälle können durch medizinische Maßnahmen reduziert werden. Eine davon ist eine gezielte Physiotherapie, die auf Migräne abgestimmt ist.

Was genau ist Migräne?

Migräne ist nicht einfach nur ein starker Kopfschmerz, sondern eine neurologische Erkrankung, die für die Betroffenen eine starke Einschränkung im Alltag bedeutet. Gekennzeichnet ist sie durch einen anfallartig auftretenden, pulsierenden Kopfschmerz, der periodisch wiederkehrt und meist halbseitig auftritt. Nicht selten wird er begleitet von Symptomen wie Übelkeit und Erbrechen sowie Licht- und Geräuschempfindlichkeit. Ein Migräneanfall dauert mehrere Stunden oder auch einige Tage. Bei der Therapie spielen Medikamente eine wichtige Rolle, aber bei der Behandlung rückt zunehmend auch die Physiotherapie als ergänzende und nachhaltige Option in den Fokus.

Wie kann die Physiotherapie bei Migräne helfen?

Die Physiotherapie behandelt Migräne nicht im klassischen Sinne, da es sich um eine neurologische Erkrankung handelt. Aber sie kann wichtige Begleitfaktoren positiv beeinflussen – insbesondere muskuläre Verspannungen im Bereich von Nacken, Schultern und Rücken. Denn viele Migränepatienten berichten von begleitenden Nacken- und Schulterschmerzen, Verspannungen oder einer eingeschränkten Beweglichkeit der Halswirbelsäule. Oft gehen diesen Beschwerden Fehlhaltungen, Blockaden oder muskuläre Dysbalancen voraus, die als Auslöser oder Verstärker von Migräneattacken wirken können. Hier setzt die Physiotherapie an, indem sie gezielt auf die Ursachen eingeht, die im Bewegungsapparat liegen können.

Physiotherapeutische Behandlungsmethoden bei Migräne

  • Manuelle Therapie: Durch gezielte Handgriffe werden bei der manuellen Therapie Blockaden gelöst, die Beweglichkeit von Gelenken verbessert und Verspannungen in der Muskulatur abgebaut. Besonders im Bereich der Halswirbelsäule und der Kiefergelenke kann dies Migräneanfälle reduzieren.
  • Triggerpunkt-Therapie:
    Hier werden spezifische, schmerzhafte Punkte in der Muskulatur behandelt, die häufig mit Migräne in Verbindung stehen. Die gezielte Druckausübung kann die Schmerzwahrnehmung senken und die Durchblutung fördern.
  • Haltungs- und Bewegungstraining:
    Viele Migränepatienten leiden unter Fehlhaltungen, etwa am Arbeitsplatz oder beim Schlafen, die zu muskulären Dysbalancen führen. Physiotherapeuten analysieren die Haltung des Patienten und geben individuelle Ratschläge zur Verbesserung der Ergonomie am Arbeitsplatz und im Alltag. Dies beinhaltet individuelle Übungen zur Stärkung der Rumpfmuskulatur und zur Mobilisierung der Wirbelsäule. Das beugt weiteren Attacken vor.
  • Entspannungs- und Atemtechniken:
    Stress ist ein bekannter Auslöser für Migräne. Physiotherapeuten vermitteln Entspannungstechniken wie Progressive Muskelentspannung oder gezielte Atemübungen, die helfen, Stress abzubauen und die Anfallshäufigkeit zu reduzieren.
  • Ergonomische Beratung:
    Im Arbeitsalltag oder beim Schlafen können ungünstige Haltungen Migräne begünstigen. Die Beratung zu ergonomischen Verbesserungen am Arbeitsplatz oder im Alltag ist daher ein wichtiger Bestandteil der physiotherapeutischen Behandlung.
  • Innovative Methoden:
    Neuere Ansätze wie neurodynamische Techniken, Kältetherapie, Biofeedback oder Akupressur/Akupunktur erweitern das Spektrum der physiotherapeutischen Möglichkeiten und bieten zusätzliche individuelle Lösungswege.

Wie läuft eine physiotherapeutische Behandlung ab?

Am Anfang steht eine ausführliche Anamnese und Befunderhebung. Der Therapeut analysiert dabei die individuelle Migränegeschichte, Symptome, Trigger und bereits erfolgte Behandlungen. Anschließend prüft er Beweglichkeit, Haltung und muskuläre Spannungen.

Auf dieser Basis wird ein maßgeschneiderter Behandlungsplan erstellt, der sich an den persönlichen Beschwerden und Bedürfnissen orientiert und spezifische Techniken und Übungen umfasst. Die Sitzungen finden in der Regel ein- bis zweimal pro Woche statt, und der Therapeut passt den Plan kontinuierlich an den Fortschritt des Patienten an. Die Therapie ist vielseitig und kann sowohl akute Beschwerden lindern, als auch präventiv wirken. Wichtig: Die aktive Mitarbeit des Patienten, insbesondere durch das regelmäßige Ausführen der Heimübungen, ist für den Erfolg der Therapie unerlässlich.

Vorteile der Physiotherapie im Zusammenhang mit Migräne

Die Physiotherapie verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz und behandelt nicht nur Symptome, sondern auch die zugrundeliegenden Ursachen. Dabei sind die Nebenwirkungen im Gegensatz zu vielen Medikamenten minimal. So können regelmäßige physiotherapeutische Maßnahmen die Häufigkeit, Dauer und Intensität von Migräneattacken langfristig reduzieren.

Jeder Behandlungsplan wird auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten zugeschnitten, wobei diese lernen, mit gezielten Übungen und Verhaltensänderungen selbst Einfluss auf ihre Beschwerden zu nehmen.